Gefährliche Präjudizien unter dem Vorwand der Corona-Krise

24.04.2020

Am 16. April beschloss der Bundesrat, der SRG mehr Geld zu geben: Die Plafonierung der Gebühreneinnahmen soll aufgehoben und der Anteil neu auf 1,25 Mia. Franken erhöht werden. Private Radio- und TV-Stationen erhalten weiterhin 6 Prozent aus dem Gebührentopf, während die Subventionen für die Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf 4 Mio. Franken verdoppelt werden sollen. Die gestern lancierte Motion der ständerätlichen KVF zur umfassenden Medienförderung schliesst sich nahtlos an diese Beschlüsse an. Die Aktion Medienfreiheit wehrt sich dagegen, dass unter dem Vorwand der Corona-Krise nun Vorentscheide getroffen und neue Subventionen verteilt werden.

Seit Jahren weist die Aktion Medienfreiheit darauf hin, dass eine Kurskorrektur in der Medienpolitik überfällig ist: Der „Service public“-Auftrag ist genau zu definieren, Marktverzerrungen sind abzubauen, und den einzelnen Betrieben ist mehr unternehmerische Freiheit zu gewähren. Vor diesem Hintergrund sind die Entscheide des Nationalrats, auf eine Verfassungsänderung zur Schaffung einer Zuständigkeit des Bundes für Print- und Online-Medien zu verzichten, erfreulich: Sie müssten dem Bundesrat als staatspolitischer Wegweiser dienen.

Der Abbau von Marktverzerrungen war für die damalige UVEK-Vorsteherin ein wichtiges Argument im Abstimmungskampf gegen die „No Billag“-Initiative. Im Oktober 2017 versprach Bundesrätin Doris Leuthard, dass die Gebühreneinnahmen der SRG bei 1,2 Mia. Franken plafoniert werden sollen. Gleichzeitig habe die SRG ein Massnahmenpaket zur Reduktion ihrer Ausgaben vorzulegen. Die SRG versprach noch am Abstimmungstag, diese Vorgaben umzusetzen.

Zwei Jahre nach dieser Abstimmung scheinen die Versprechen bereits wieder vergessen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga kündigte an, die Plafonierung aufzuheben und den Abgabeanteil der SRG um 50 Mio. Franken zu erhöhen, um die „rückläufigen Werbeeinnahmen teilweise aufzufangen“. Währenddessen soll der Anteil der privaten Radio- und Fernsehveranstalter unverändert bei 6 Prozent liegen – obwohl diese als private Unternehmen noch stärker getroffen sind. Auch das Bundesamt für Kommunikation bestätigt, dass die Erosion der Werbeeinnahmen die lokalen und regionalen Radio- und Fernsehveranstalter „besonders stark“ treffe (Erläuternder Bericht zur Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung vom 16. April 2020).

Die Aktion Medienfreiheit unterstützt die Forderung der privaten Radio- und Fernsehanbieter, einen einmaligen Beitrag auszuschütten, der aus der Schwankungsreserve der Radio- und TV-Abgabe finanziert wird – also für die Gebührenzahler keine zusätzliche Belastung bedeutet. Diese Forderung wurde von der KVF des Ständerats in Form einer Motion aufgenommen (Mo. 20.3146). Dieser Beitrag soll namentlich auch dazu dienen, Marktverzerrungen – wie sie mit der Erhöhung des SRG-Beitrags wieder verstärkt werden – auszugleichen.

Hingegen lehnt die Aktion Medienfreiheit den Aktivismus ab, welcher derzeit in Bezug auf eine direkte Medienförderung betrieben wird. Es kann nicht angehen, unter Umgehung der demokratischen Spielregeln nun Beschlüsse zu fällen, welche das schweizerische Mediensystem auf den Kopf stellen. Die Motion 20.3145 der ständerätlichen KVF ist gefährlich und übertrieben: Es kann nicht angehen, nun Nachrichtenagenturen staatlich zu finanzieren oder gar Subventionen für Online-Portale zu sprechen, wofür gar keine Verfassungsgrundlage vorhanden ist.

Dass Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Medien unter dem Titel „Corona-Krise“ weitere Subventionen von 78 Mio. Franken geben wollte (WOZ vom 9.4.2020) und die SRG für einen Teil der Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt, spricht Bände. Die Aktion Medienfreiheit fordert den Bundesrat nachdrücklich auf, die Zeichen der Zeit zu erkennen und vermehrt auf Deregulierung und die Schaffung wettbewerbsfreundlicher Rahmenbedingungen zu setzen. Eine Staatswirtschaft führt uns nicht aus der Krise, sondern schafft gefährliche Abhängigkeiten.

 

 

 

Bern / Zürich, 24. April 2020

 

 


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